Gibt Es Auf Gasriesen Wie Jupiter Eine Feste Oberfläche?

Ein Querschnitt der zeigt dass Gasriesen keine feste Oberfläche haben sondern allmählich dichter werden

Haben Gasriesen eine feste Oberfläche? Es ist eine dieser Fragen, die uns packen, die an die Grenzen unserer Vorstellungskraft rühren. Man stellt sich sofort vor, wie es wäre, auf einem neuen Planeten zu landen. Stiefel auf festen Boden zu setzen. Eine völlig fremde Landschaft zu überblicken. Wir alle haben die Bilder im Kopf: die Apollo-Missionen auf dem Mond, die Rover, die über den roten Sand des Mars rollen. Diese Bilder haben sich in unser kollektives Bewusstsein eingebrannt.

Doch dann richten wir unseren Blick auf die majestätischen Giganten unseres Sonnensystems – Jupiter, Saturn, Uranus und Neptun.

Plötzlich steht diese einfache Vorstellung kopf.

Diese Welten sind anders. Sie sind gewaltig, stürmisch und voller Geheimnisse. Die Frage, ob man auf ihnen stehen kann, wird zu einer Reise. Einer Reise tief ins Innere dieser faszinierenden Planeten, durch extreme Drücke und Temperaturen, die alles, was wir auf der Erde kennen, in den Schatten stellen.

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Die wichtigsten Erkenntnisse

  • Gasriesen wie Jupiter und Saturn haben keine feste, definierte Oberfläche, auf der man landen oder stehen könnte. Der Übergang von der Atmosphäre zu einem festen Boden existiert einfach nicht.
  • Ein hypothetischer Landeversuch würde bedeuten, immer tiefer in eine zunehmend dichte, heiße und unter unvorstellbarem Druck stehende Atmosphäre zu sinken.
  • Im Inneren dieser Planeten verwandelt der immense Druck Gase wie Wasserstoff in exotische Zustände, zum Beispiel in flüssigen und sogar metallischen Wasserstoff.
  • Obwohl es keine begehbare Oberfläche gibt, glauben Wissenschaftler, dass Gasriesen einen festen Kern aus Gestein, Metall und Eis haben. Dieser Kern existiert jedoch unter unvorstellbaren Bedingungen.
  • Sonden wie Juno sind unsere Augen und Ohren vor Ort. Ihre Erforschung hilft uns, die Geheimnisse des inneren Aufbaus und der Entstehung dieser Welten zu lüften.

Was genau meinen wir eigentlich mit „Gasriese“?

Bevor wir uns in die Tiefe wagen, müssen wir eines klären: Was macht einen Gasriesen überhaupt aus? Anders als unsere Erde oder ihre felsigen Nachbarn Mars, Venus und Merkur, bestehen diese Planeten hauptsächlich aus Gasen. Ihre Bausteine sind die leichtesten Elemente des Universums: Wasserstoff und Helium.

Stellen Sie sich einen Planeten vor, der so unfassbar massereich ist, dass seine eigene Schwerkraft diese leichten Gase einfach festhält. So entsteht eine unglaublich dichte Atmosphäre. Das ist das Herzstück eines Gasriesen. Sie haben keine feste Kruste wie die Gesteinsplaneten. Stattdessen geht ihre gasförmige Atmosphäre allmählich und ohne jede erkennbare Grenze in eine Flüssigkeit über. Es gibt keinen Punkt, an dem der Himmel aufhört und der Boden beginnt.

Genau dieser grundlegende Unterschied ist der Schlüssel zur Beantwortung unserer zentralen Frage.

Könnte man also auf Jupiter landen?

Die kurze, knackige Antwort? Nein. Die Idee, mit einem Raumschiff auf Jupiter zu landen, ist unmöglich. Es gibt schlicht nichts, worauf man landen könnte. Keine Oberfläche.

Aber was, wenn wir es trotzdem versuchen würden? Diese Frage startet ein packendes Gedankenexperiment. Stellen Sie sich vor, Sie steuern Ihr Raumschiff direkt in die obersten Wolkenschichten des Jupiters. Zuerst würden Sie durch die berühmten, farbenfrohen Bänder aus Ammoniak- und Wasserwolken rauschen. Eine Region, in der Winde mit hunderten Kilometern pro Stunde toben. Der Große Rote Fleck, ein Sturm, größer als unsere gesamte Erde, würde wie ein monströses, wirbelndes Auge an Ihnen vorbeiziehen.

Die Reise würde aber sehr schnell sehr ungemütlich werden.

Was würde passieren, wenn man immer tiefer sinkt?

Während Ihr imaginäres Schiff tiefer in den Jupiter stürzt, würden zwei Dinge dramatisch zunehmen: Druck und Temperatur. Die Atmosphäre, anfangs noch dünn, wird mit jedem Kilometer dichter. Dichter. Und dichter. Bald würde sie sich eher wie eine Flüssigkeit anfühlen, nicht mehr wie ein Gas. Eine zähe, undurchsichtige Suppe, die Ihr Schiff von allen Seiten zerquetscht.

Der Druck schwillt ins Unermessliche an. In einer Tiefe, in der der Druck etwa dem Tausendfachen des Luftdrucks auf der Erde entspricht, würde der atmosphärische Wasserstoff seine gasförmige Natur verlieren. Er würde flüssig. Sie würden also von einem Gasozean in einen flüssigen Ozean übergehen, ohne jemals eine Oberfläche zu durchbrechen. Es ist ein nahtloser, aber absolut tödlicher Übergang.

Tiefer und tiefer sinkend, würde Ihr Schiff schließlich einfach vom erdrückenden Gewicht der Tausenden von Kilometern an Atmosphäre über ihm zerquetscht werden.

Wie extrem sind Druck und Temperatur wirklich?

Um sich die Bedingungen im Inneren eines Gasriesen vorzustellen, reichen Vergleiche mit der Erde kaum aus. Wir müssen in völlig neuen Dimensionen denken.

  • Druck: Am tiefsten Punkt unserer Ozeane, im Marianengraben, herrscht ein Druck von etwa 1.000 bar. Das ist schon gewaltig. Im Inneren des Jupiters erreicht der Druck aber Millionen von bar. Das ist so, als würde man das Gewicht von Tausenden von Elefanten auf der Fläche eines einzigen Fingernagels balancieren.
  • Temperatur: Die oberen Wolkenschichten des Jupiters sind mit etwa -145 Grad Celsius eiskalt. Doch im Inneren steigt die Temperatur rasant an. Im Zentrum des Planeten vermuten Forscher Temperaturen von über 20.000 Grad Celsius. Heißer als die Oberfläche der Sonne.

Kein uns bekanntes Material könnte dem standhalten. Die NASA hat 1995 mit der Galileo-Mission eine kleine Sonde in die Jupiter-Atmosphäre geschickt. Sie sendete nur 58 Minuten lang Daten, bevor sie dem Druck und der Hitze erlag und verdampfte. Und dabei hatte sie nur einen winzigen Bruchteil des Weges ins Innere zurückgelegt.

Gibt es denn gar nichts Festes im Inneren?

Auch wenn die Frage nach einer festen Oberfläche klar mit Nein beantwortet ist, bedeutet das nicht, dass Gasriesen nur aus Gas und Flüssigkeit bestehen. Weit unten, tief im Zentrum, verborgen unter Schichten aus komprimiertem Gas und exotischen Flüssigkeiten, da vermuten die meisten Planetologen einen Kern.

Und hier wird die Sache erst richtig spannend. Das ist kein Kern wie der der Erde, der aus geschmolzenem und festem Eisen besteht. Nein, der Kern eines Gasriesen ist eine ganz andere Bestie. Wissenschaftler nehmen an, dass er aus einer Mischung schwererer Elemente besteht: Gestein, Metalle und verschiedene „Eis“-Arten (wie Wasser, Methan und Ammoniak), die unter diesen extremen Bedingungen fest sind.

Dieser Kern könnte die zehn- bis fünfzehnfache Masse der gesamten Erde haben. Aber selbst wenn es diesen festen Kern gibt, bleibt er unerreichbar. Er ist keine „Oberfläche“, auf der man stehen könnte. Er ist eine Kugel aus festem Material, die in einem Ozean aus metallischem Wasserstoff schwimmt und von einer unvorstellbar massiven Atmosphäre erdrückt wird.

Moment, ist dieser Kern denn wirklich fest?

Die genaue Beschaffenheit des Jupiterkerns ist eines der größten Rätsel der Planetenforschung. Früher stellte man sich einen klar definierten, festen Kern vor. Doch neuere Daten, vor allem von der NASA-Sonde Juno, zeichnen ein viel komplizierteres Bild.

Die Messungen von Juno deuten darauf hin, dass der Kern vielleicht gar nicht so scharf abgegrenzt ist, sondern eher „unscharf“ oder „diffus“. Das würde bedeuten, dass das schwere Material des Kerns teilweise mit der darüber liegenden Schicht aus metallischem Wasserstoff vermischt ist. Statt einer klaren Grenze gäbe es eine riesige Übergangszone, in der sich Gestein, Eis und metallischer Wasserstoff mischen. Diese Entdeckung stellt die Modelle zur Entstehung von Planeten auf den Kopf. Sie deutet auf einen viel chaotischeren Entstehungsprozess hin, als man bisher dachte, vielleicht ausgelöst durch eine gewaltige Kollision in der Frühzeit des Sonnensystems.

Was ist dieser seltsame „metallische Wasserstoff“?

Wenn man über das Innere von Jupiter liest, stößt man unweigerlich auf den Begriff „metallischer Wasserstoff“. Aber was genau ist das? Es ist ein Zustand der Materie, der so fremdartig ist, dass wir ihn auf der Erde nur für winzige Sekundenbruchteile im Labor herstellen können.

Wasserstoff ist das einfachste Atom: ein Proton, ein Elektron. Unter normalem Druck ist es ein Gas. Erhöht man den Druck jedoch ins Extreme – wie im Inneren des Jupiters –, werden die Wasserstoffmoleküle so brutal zusammengepresst, dass die Elektronen von ihren Protonen losgerissen werden. Sie können sich dann frei bewegen, ganz ähnlich wie die Elektronen in einem Stück Metall.

Diese Schicht aus metallischem Wasserstoff macht den größten Teil des Jupiters aus. Und weil diese leitfähige, rotierende Flüssigkeit elektrische Ströme erzeugt, ist sie die Quelle des unglaublich starken Magnetfelds des Jupiters. Es ist das stärkste aller Planeten in unserem Sonnensystem, fast 20.000 Mal stärker als das der Erde.

Gilt das alles auch für die anderen Gasriesen?

Jupiter ist der Prototyp, das Paradebeispiel eines Gasriesen. Aber wie sieht es bei seinen Nachbarn aus? Saturn, Uranus und Neptun teilen viele seiner Eigenschaften, haben aber auch ihre eigenen, wichtigen Unterschiede.

Saturn ist Jupiters kleinerer Bruder, ihm sehr ähnlich, nur etwas weniger massereich und dicht. Auch er besteht hauptsächlich aus Wasserstoff und Helium und hat wahrscheinlich einen ähnlichen Kern, umgeben von einer Schicht aus metallischem Wasserstoff. Auch auf ihm gibt es definitiv keine feste Oberfläche zum Landen.

Uranus und Neptun sind da aber eine etwas andere Geschichte.

Wieso sind Uranus und Neptun anders?

Ganz einfach: Obwohl sie oft zusammen mit Jupiter und Saturn in den Topf der „Gasriesen“ geworfen werden, haben Uranus und Neptun eine eigene, passendere Bezeichnung. Sie sind „Eisriesen“.

Der Name führt leicht in die Irre. Sie sind keine gefrorenen Kugeln aus Eis. Der Begriff „Eis“ bezieht sich hier auf ihre chemische Zusammensetzung. Während Jupiter und Saturn zu rund 90 % aus Wasserstoff bestehen, haben Uranus und Neptun einen viel höheren Anteil an schwereren, flüchtigen Stoffen.

Dazu gehören vor allem:

  • Wasser (H₂O)
  • Methan (CH₄)
  • Ammoniak (NH₃)

In der Planetenforschung nennt man diese Verbindungen „Eise“, auch wenn sie im Inneren der Planeten gar nicht in fester Form vorliegen. Die wunderschöne blaue Farbe von Uranus und Neptun kommt übrigens vom Methan in ihren Atmosphären, das rotes Licht verschluckt.

Was macht also das Innere eines „Eisriesen“ aus?

Der Aufbau eines Eisriesen unterscheidet sich stark von dem eines Gasriesen. Unter ihrer dicken Wasserstoff-Helium-Atmosphäre gibt es keinen Ozean aus metallischem Wasserstoff. Der Druck im Inneren von Uranus und Neptun reicht einfach nicht aus, um diesen exotischen Zustand zu erschaffen.

Stattdessen, so die Theorie, besitzen sie einen heißen, dichten, flüssigen „Mantel“ aus Wasser, Methan und Ammoniak. Diese Mischung könnte sich in einem superkritischen Zustand befinden, einem seltsamen Zustand, bei dem es keinen Unterschied mehr zwischen flüssig und gasförmig gibt. Unter diesem Mantel liegt dann, ganz ähnlich wie bei den Gasriesen, wahrscheinlich ein kleiner, fester Kern aus Gestein und Metall.

Aber die Quintessenz bleibt dieselbe: Eine feste, begehbare Oberfläche gibt es nicht. Eine Reise ins Innere wäre genauso unmöglich wie bei Jupiter.

Warum ist es so wichtig, das alles zu verstehen?

Die Frage, ob Gasriesen eine feste Oberfläche haben, ist mehr als nur eine Spielerei für Neugierige. Die Antwort darauf und das Wissen über ihren inneren Aufbau sind der Schlüssel zu einigen der fundamentalsten Fragen über unser Sonnensystem und darüber, wie Planeten überhaupt entstehen.

Diese Gasriesen sind die wahren Giganten. Allein Jupiter hat mehr als doppelt so viel Masse wie alle anderen Planeten zusammen. Ihre gewaltige Schwerkraft hat die Architektur unseres gesamten Sonnensystems geformt, die Bahnen von Kometen und Asteroiden gelenkt und vielleicht sogar das Leben auf der Erde geschützt, indem sie gefährliche Eindringlinge abgefangen hat.

Indem wir ihre Zusammensetzung und Struktur erforschen, können wir die Bedingungen im frühen Sonnennebel rekonstruieren, aus dem alle Planeten geboren wurden. Die Frage, ob der Kern fest oder diffus ist, verrät uns, wie schnell und auf welche Weise sich diese riesigen Welten geformt haben. Es ist wie ein Blick in die Geburtsstunde unserer kosmischen Heimat.

Die Reise zu den Gas- und Eisriesen ist also eine Reise ohne festen Boden unter den Füßen. Es ist eine Reise in eine Welt der Extreme, in der unsere vertrauten Konzepte von „Oberfläche“, „flüssig“ und „gasförmig“ ihre Bedeutung verlieren. Diese majestätischen Planeten mögen uns keinen Grund zum Landen bieten, aber sie schenken uns einen unendlichen Ozean an Wissen und Wundern, den es zu erforschen gilt. Und das ist vielleicht sogar noch aufregender.

Häufig gestellte Fragen – Haben Gasriesen eine feste Oberfläche

Eine zerdrückte Sonde die zeigt dass Gasriesen keine feste Oberfläche haben

Was unterscheidet „Eisriesen“ von „Gasriesen“?

Der Unterschied liegt hauptsächlich im inneren Aufbau. Während Gasriesen wie Jupiter hauptsächlich aus Wasserstoff und Helium bestehen und einen flüssigen Mantel haben, bestehen Eisriesen wie Uranus und Neptun aus einer höheren Konzentration an schwereren Elementen wie Wasser, Methan und Ammoniak, die im Inneren in einem superkritischen Zustand vorliegen.

Gibt es im Inneren der Gasriesen feste Kerne?

Ja, Forscher vermuten, dass die Gasriesen einen Kern aus Gestein, Metallen und Eis besitzen, der jedoch unter unvorstellbar hohen Druck- und Temperaturbedingungen steht. Die genaue Beschaffenheit bleibt Gegenstand der Forschung und ist noch nicht vollständig verstanden.

Was ist metallischer Wasserstoff und warum ist er wichtig?

Metallischer Wasserstoff ist ein exotischer Zustand, in dem Wasserstoff unter extrem hohem Druck leitfähig und flüssig wird. Er macht den größten Teil des Jupiterinneren aus und ist die Quelle des starken Magnetfelds des Planeten.

Warum ist es unmöglich, auf Jupiter zu landen?

Ein Landen auf Jupiter ist unmöglich, weil es keine feste Oberfläche gibt. Die Atmosphäre besteht aus dichten Gas- und Flüssigkeitsschichten, in die ein Raumschiff schnell sinken und zerstört werden würde, bevor es einen Boden erreichen könnte.

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Jurica Sinko
Angetrieben von einer lebenslangen Faszination für die Sterne, wurde eine neue Idee geboren: die größten Fragen des Universums zu erforschen. In einer Welt, die oft vom Alltäglichen bestimmt wird, ist diese Webseite eine Einladung, den Blick wieder nach oben zu richten. Es ist ein Ort, um die Wunder des Kosmos gemeinsam zu entdecken und die Wissenschaft dahinter zu verstehen.

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